Nachlese zum Workshop vom 10. Dezember 2015

Der erste Teil des Workshops hat sich mit der Ideensammlung und dem Austausch ĂŒber unterschiedliche didaktische Dimensionen, die bei der Erstellung und beim Einsatz eines E-Books zu berĂŒcksichtigen sind, beschĂ€ftigt. Ziel war, die Teilnehmer/innen fĂŒr relevante Teilbereiche, wie das Urheberrecht oder Argumentationslinien, wie sie von Gegnerinnen und Gegnern oder BefĂŒrworterinnen und BefĂŒrwortern vorgebracht werden, zu sensibilisieren.

Am Beginn ging es darum, Argumente fĂŒr und gegen digitale/analoge Lehr- und Lernbegleiter zu finden und zu sammeln. Ein Auszug der Argumente soll im Folgenden zusammengefasst dargestellt werden, eine ausfĂŒhrliche Behandlung des Themas wird in der das Projekt abschließenden Publikation zu finden sein.

FĂŒr digitale Lehr- und Lernbegleiter spricht der allgemeine Komfort, den sie beim Lernen und Lehren durch beispielsweise eine Suchfunktion und das geringere Gewicht bieten. Sie sind ĂŒberall verfĂŒgbar, Übungen können zeit- und ortsunabhĂ€ngig wiederholt werden, wobei die Wiederholungen nicht begrenzt sind und das Feedback auf die Erledigung der Arbeit folgt; zudem fördern sie das selbstgesteuerte Lernen. DarĂŒber hinaus können sie, so ihre Konzeption dies vorsieht, als adaptives  Lernsystem erstellt sein, was bedeutet, dass sich die KomplexitĂ€t und Schwierigkeit der Übungen mit dem Lernfortschritt der Lerner/innen steigert. Gegen digitale Lehr- und Lernbegleiter spricht hingegen die GerĂ€teabhĂ€ngigkeit, die Kurzlebigkeit einzelner Technologien und Formate, die mangelnde Infrastruktur (beispielsweise schwaches oder fehlendes W-LAN) sowie die oft eingeschrĂ€nkte Möglichkeit, einzelne Passagen und Seiten auszudrucken. Der Umstand, dass das Lesen am Bildschirm fĂŒr viele noch ungewohnt ist, kommt erschwerend hinzu.

FĂŒr analoge Lehr- und Lernbegleiter spricht in diesem Zusammenhang die UnabhĂ€ngigkeit von Stromquellen und LesegerĂ€ten, die VerfĂŒgbarkeit unterschiedlicher Versionen/ Ausgaben eines Buches, die vergleichend gelesen werden können, das haptische Moment sowie die Möglichkeit, das Buch weiterzuverkaufen oder zu verborgen. Gegen analoge Lehr- und Lernbegleiter spricht das Gewicht der einzelnen BĂŒcher, die eingeschrĂ€nkte Einsatzmöglichkeit oder VerknĂŒpfbarkeit mit digitalen Medien, die oftmals fehlende AktualitĂ€t der Inhalte infolge lĂ€ngerer Aktualisierungswege sowie die VerfĂŒgbarkeit in Bibliotheken: Man muss zum einen die Öffnungszeiten der Bibliotheken beachten, zum anderen dĂŒrfen die BĂŒcher gerade nicht entlehnt sein.

Auf Ebene des Urheberrechts wird zwischen BĂŒchern und Schul- und LehrbĂŒchern unterschieden. FĂŒr beide Gattungen gelten unterschiedliche Berechtigungen und EinschrĂ€nkungen. Aus diesem Grund wurde der Versuch unternommen, Kriterien zu finden, die zur Unterscheidung herangezogen werden können. Lehr- und Lernbegleiter verfolgen demnach ein klar formuliertes Ziel und eine definierte Progression, zeichnen sich durch eine Lernziel- und Kompetenzorientierung aus und verfĂŒgen ĂŒber eine klare Struktur sowie paratextuelle parataktische Elemente, wie Glossare oder zusĂ€tzliche ErklĂ€rungen, Hilfe-Boxen oder Ähnliches. Sie sind an eine bestimmte Alters- oder Zielgruppe angepasst und didaktisch aufbereitet. Dabei ist die Rolle der Lehrperson zentral, da das Buch ein Hilfsmittel ist, das der Begleitung durch die Lehrperson bedarf.

Was didaktische Anforderungen angeht, die wir an digitale Lehr- und Lernbegleiter stellen, so stehen InteraktivitĂ€t und MultimedialitĂ€t an erster Stelle. Hinsichtlich der InteraktivitĂ€t muss zwischen unterschiedlichen Wahrnehmungen des Begriffs unterschieden werden – zum einen die Möglichkeit, sofort und individuell RĂŒckmeldungen auf Übungen zu bekommen, die auch mehrmals durchgemacht werden können, zum anderen die Möglichkeit, mit anderen Lernerinnen und Lernern gemeinsam, vernetzt zu lernen. DarĂŒber hinaus spielt das Layout bzw. die graphische Gestaltung eine zentrale Rolle, etwa das Vorhandensein von MerksĂ€tzen, Checkboxen und Ă€hnlichen Elementen, die auch in analogen Lehr- und Lernbegleitern fixer Bestandteil sind. DarĂŒber hinaus spielt der rote Faden, sowohl auf inhaltlicher wie auch auf formaler, also gestalterischer Ebene eine Rolle.

Auf funktionaler Ebene lassen sich Lehr- und Lernbegleiter – in diesem Fall spielt der Unterschied zwischen digital und analog keine Rolle – zu unterschiedlichen Zwecken einsetzen. Sie bilden zum einen das Curriculum bzw. den Lehrplan und liefern den „Lernstoff“ in kleinen, strukturierten Happen. Sie stellen zum anderen Ideen fĂŒr ArbeitsauftrĂ€ge und didaktische Szenarien bereit und können unterschiedliche Lerntypen bzw. Lernniveaus ansprechen. DarĂŒber hinaus sind sie eine wichtige Lerngrundlage, die einen allgemeinen Syllabus festlegt, was als eine Art der QualitĂ€tssicherung gesehen werden kann, da gerade in der mĂŒndlichen Vortragssituation des Unterrichts oftmals situationsspezifisch individuelle Schwerpunkte gelegt werden. Gerade wenn Parallelgruppen gemeinsam unterrichtet werden, ist das Moment der „Gleichschaltung“ relevant.

Der Einsatz von digitalen bzw. analogen BĂŒchern im Lehr- und Lernkontext kann unter unterschiedlichen Gesichtspunkten erfolgen. Sie können als Basis eines Flipped Classrooms verwendet werden, wenn die inhaltliche Vorbereitung auf den Unterricht außerhalb des Seminarraums passiert, die PrĂ€senzeinheit jedoch zur diskursiven Auseinandersetzung mit dem Thema genĂŒtzt wird. Lehr- und Lernbegleiter können als HörbĂŒcher vorliegen, dienen als Quelle oder Anleitung fĂŒr Übungen. Sie können unterschiedliche mediale Formen (z. B. Bild, Ton, Video) miteinander verknĂŒpfen und in ihrer digitalen AusprĂ€gung insofern einen Mehrwert besitzen, als sie zum Beispiel beim Spazieren oder Autofahren vorgelesen werden können.

Beim Erstellen von E-Books als digitalen Lehr- und Lernbegleitern sollten schließlich einige Punkte bedacht werden, die auch in die Abschlusspublikation in Form einer Checkliste eingehen sollen. Ein erster Einblick in diese Rahmenbedingungen oder VorĂŒberlegungen wurde von den Teilnehmerinnen und Teilnehmern wĂ€hrend des Workshops gegeben:

  • Ziel und Zweck definieren – Warum muss es ein E-Book-Format sein?
  • FĂŒr welche (primĂ€re) Zielgruppe?
  • Wahl bzw. Überlegen des Ausgabe-Formats bzw. der Ausgabe-Formate – kann die Wahl des Autorensystems beeinflussen (iBook Author), ebenso die Palette der unterstĂŒtzten Reader
  • Wahl des Autorensystems bzw. Converter in AbhĂ€ngigkeit des Formats / der Formate
  • Umfang und Strukturierung des Inhalts in AbhĂ€ngigkeit der Formate – Achtung: flexibler Satzspiegel und Seitenumbruch!
  • Zeitaufwand richtet sich stark nach MultimedialitĂ€t der Inhalte – Interaktives, Animationen benötigen in der Regel noch erheblichen Erstellungsaufwand (Stichwort: Scripting-Ansatz) falls sie nicht fertig importiert werden können (Stichwort: Widgets).
  • Einpflegen der Inhalte: Vermeiden von aufwĂ€ndigen Layouts und Gestaltungen; je einfacher desto besser, damit eine durchgĂ€ngigere Darstellung fĂŒr verschiedene Ausgabeformate gewĂ€hrleistet werden kann.
  • Publizieren – am besten als OER

Arbeitet man mit Studierenden, so sollte die Struktur von den Lehrenden eventuell vorgegeben werden, die Studierenden sollten vorab die einzelnen Materialien erstellen (z. B. Grafiken) oder bereitstellen (Bilder). Dabei sind urheberrechtliche Aspekte sowie die Korrektheit der Angabe von Quellen zu beachten.

Die in der Arbeitsgruppe vom 10. Dezember erarbeiteten Aspekte dienen als Basis der Überlegungen, die in der Abschlusspublikation zum didaktischen Design von E-Books ausformuliert werden. Dabei soll der Fokus auf unterschiedlichen Herangehensweisen zu Gestaltung und Einsatz von E-Books als digitale Lehr- und Lernbegleiter liegen und einige zentrale Begrifflichkeiten, wie die Konzepte des Mobile Learning und des Seamless Learning, sollen in die Überlegungen einfließen.